Ein Taxibetrieb darf nicht mit Krankentransporten werben

Die Taxibranche steht nicht nur durch die aktuelle Rezession und die anrollende Teuerungswelle vor Problemen. Ein Taxibetrieb muss auch zukünftig akkurat zwischen den Begriffen „Krankenfahrt“ und „Krankentransport“ unterscheiden. Das Oberlandesgericht Nürnberg bestätigte damit eine Sichtweise, die bereits von verschiedenen anderen Gerichten vertreten wurde.

Krankenfahrten stellen bisher einen erheblichen Anteil an den gebuchten Taxifahrten dar. Sie sind somit Umsatzgaranten – auch in Zeiten, in denen aus Ersparnisgründen weniger Taxis angefordert werden. Die Zahl der Taxi-Anforderungen ist in der Corona-Pandemie, durch den Benzinpreisanstieg und wegen der aktuellen Teuerung aber gesunken. Die Zahl der Krankenfahrten nimmt hingegen zu.

Doch auch zukünftig gilt: Ein Taxiunternehmen, das bei diesen beiden Begriffen nicht sauber trennt, bekommt Probleme. Da nützt einem Taxibetrieb auch keine Taxiversicherung. Oder etwa doch?

Auslöser des aktuellen Nürnberger Urteils

Das aktuelle Urteil des OLG Nürnberg – nachzulesen unter der Registernummer 3 U 4652/21 erging, weil ein Taxiunternehmer einen Mitbewerber verklagt hatte. Er warf diesem vor, auf seiner Webseite „Krankentransporte“ anzubieten. Das sei begrifflich irreführend und somit wettbewerbsverzerrend. Mit dem Taxi dürften aus Sicht des Klägers lediglich Krankenfahrten unternommen werden.

Ein Taxibetrieb darf bestenfalls einen aufrecht sitzenden Menschen zur Dialyse bringen. Nicht aber einen liegenden Patenten, der unterwegs womöglich eine medizinische Betreuung benötigt. Wenn ein Taxibetrieb einen Transport kranker oder verletzter Menschen unternimmt, darf dieser nur sitzend geschehen. Der Begriff „Krankenfahrt“ bezeichnet alle Fahrten mit einem Taxi, bei denen es um die Beförderung kranker, verletzter oder anderweitig hilfsbedürftiger Personen geht.

Der Knackpunkt liegt darin, dass die im Taxi Transportierten unterwegs nicht einer fachlich-medizinischen Betreuung bedürfen. Sofern jemand in einem Krankenwagen der Feuerwehr von medizinischem Fachpersonal betreut werden muss, darf kein Taxi den Transport übernehmen. Das inkludiert auch ein entsprechendes Werbeverbot für das Taxiunternehmen sowie das Verbot der Nutzung von Begriffen, die missverständlich sind. Beworben werden dürfen nur Krankenfahrten.

Was wird vom Gesetzgeber als Krankentransport angesehen?

Tatsächlich sah das Gericht es als Irreführung an, dass das verklagte Taxiunternehmen mit der Durchführung von „Krankentransporten“ geworben hatte. Dazu sind nur Krankenwagen mit fachlich kompetentem medizinischem Personal berechtigt. Die Werbung mit solchen Transporten enthielt also Unwahrheiten.

Das verklagte Taxiunternehmen wurde auf Unterlassung verklagt. Es unterliegt zukünftig einem Werbeverbot für den irreführenden Begriff. Krankenfahrten darf es hingegen weiterhin bewerben. Die Begriffs-Definition besagt, dass Krankentransporte als Transport kranker, verletzter oder anderweitig hilfsbedürftiger Personen anzusehen sind, die zwar nicht als Notfallpatienten eingestuft wurden. Sie bedürfen aber unterwegs möglicherweise medizinischer Überwachung und Betreuung.

Das Personal an Bord des Krankentransportwagens sollte eine Sanitätsausbildung haben, muss aber kein Medizinstudium absolviert haben. Laut Gesetzgeber ist die Tätigkeit eines Unternehmens, das entsprechende Krankentransporte durchführt, behördlich genehmigungspflichtig. Vermutlich hatte es sich bei der Verwendung des falschen Begriffes um eine begriffliche Unsauberkeit gehandelt. Es lag möglicherweise nicht in der Absicht des verklagten Taxiunternehmens, die Verbraucher in die Irre zu führen.

Gleichwohl müssen irreführende und inhaltlich unwahre Begriffe in werblichen Anzeigen unterlassen werden. Sie unterliegen einem Werbeverbot. Korrekt heißt die erlaubte Dienstleistung für den Transport aufrecht sitzender kranker Personen von oder zu einem Arzt, einem Behandlungszentrum oder einem Krankenhaus in einem Taxi „Krankenfahrt“. Mit dem korrekten Begriff „Taxifahrten“ dürfen auch Taxi-Fahrten zur Strahlentherapie oder zu einer ambulanten Operation beworben werden.

Die Erfordernis der Lauterkeit ist wichtig

Die Lauterkeit eines Taxibetriebes erfordert es, inhaltlich wahre, verlässliche und vom Gesetzgeber erlaubte Begriffe in der Werbung auf der Firmenwebseite zu veröffentlichen. Dass die gewerbliche Versicherung bzw. die Taxiversicherung den Streitwert von immerhin 6.000 Euro übernimmt, sollte der verklagte Taxibetrieb nicht erwarten. Dazu später mehr.

Offensichtlich handelte es sich um eine begriffliche Unschärfe, aber wohl keinen absichtsvollen Betrugsversuch. Darauf deutet ein Foto neben dem irreführenden Werbetext hin. Das Foto zeigt eine Frau im Rollstuhl, die zu einem Taxi gebracht wird. Das Nürnberger Oberlandesgericht sah dieses Bild aber nicht als ausreichende Präzisierung der beworbenen Dienstleistung an. Zudem stellte diese tatsächlich eine Wettbewerbsverzerrung fest.

Beim Googeln nach dem unzulässigen Begriff wurden verschiedene Unternehmen angezeigt, die tatsächlich zu Krankentransporten berechtigt sind. Darunter war auch der verklagte Taxibetrieb zu finden – nicht aber seine regionalen Mitbewerber. Somit hätten diese finanzielle Nachteile erlitten, wenn das verklagte Taxiunternehmen tatsächlich eine Berechtigung gehabt hätte, neben den erlaubten Krankenfahrten auch durch nicht-medizinisches Personal begleitete Krankentransporte anzubieten.

Ist die zuständige Taxiversicherung zahlungspflichtig?

Die Taxiversicherung ist eine spezielle gewerbliche Versicherung. Sie umfasst eine Haftpflichtversicherung, eine Teilkasko- und eine Vollkaskoversicherung. Die Versicherungsprämien richten sich üblicherweise nach gefahrenen Kilometern.

Ein Taxi verbucht in der Regel eine überdurchschnittlich hohe Kilometerleistung. Damit geht eine erhöhte Unfallgefahr einher. Daher sind Taxiversicherungen bei vielen Versicherern nicht sehr beliebt. Sie beinhalten ein höheres Leistungsrisiko. Im Übrigen versichert die Taxiversicherung lediglich das Fahrzeug, nicht aber das Taxiunternehmen.

Wurden neben der Taxiversicherung keine Betriebshaftpflichtversicherung und keine Rechtsschutzversicherung abgeschlossen, bleibt der vom OLG zur Unterlassung der irreführenden Homepage-Werbung verurteilte Taxibetrieb auf den Prozesskosten sitzen. Mit Pech wird auch der Mietwagenverleiher SIXT demnächst wegen irreführender Begrifflichkeiten auf einer Online-Magazinseite zur Rechenschaft gezogen. Was es im Einzelfall bedeuten kann, den Unterschied zwischen einer Krankenfahrt und einem -transport schwerkranker Menschen nicht zu kennen, zeigt dieser Fall. Hier wären Notwendigkeit und Anspruch auf eine Fahrt im Krankenwagen gegeben gewesen. Doch die schwerstkranke Patientin musste sich von einem Taxifahrer zur onkologischen Sprechstunde fahren lassen. Die Klinik muss ihr nun Schmerzensgeld zahlen.