Zuerst hat die Fachvereinigung Taxi und Mietwagen des Gesamtverbandes Verkehrsgewerbe Niedersachsen (GVN) ihren Austritt aus dem Bundesverband Taxi und Mietwagen e.V. zum Jahreswechsel angekündigt. Diesem Beispiel folgen jetzt zwei weitere Landesverbände. Sowohl der Landesverband Bayerischer Taxi- und Mietwagenunternehmen sowie die Fachvereinigung Personenverkehr Nordrhein – Taxi und Mietwagen wollen zum 31.12.20 austreten.
Wie kam es zu dem Bruch? Neutral zusammengefasst lautet die Antwort, dass diese drei Verbände die gewerbepolitischen Aktivitäten als zu großstadtlastig empfinden. In der Realität hat es sich die Situation im Zeitablauf zugespitzt. Was war geschehen?
Auf Wunsch von sieben Landesverbänden und zwei Taxizentralen fand im Juni eine erweiterte Vorstandssitzung des Bundesverbandes in Hannover statt. Der Geschäftsführer der Fachvereinigung Personenverkehr Nordrhein begründet die im Anschluss an diese Sitzung verkündeten Austritte seien das Resultat der einseitigen Ausrichtung der Aktivitäten des Bundesverbandes auf die Interessen großstädtischer Taxizentralen. Vor allem den „Schulterschluss“ mit den Fahrdienstanbietern MOIA, CleverShuttle und ViaVan, dem keine Beschlussfassung vorangegangen sei, kritisierten die neun Branchenvertreter aufs Schärfste.
Doch das war nur der Auslöser. Wie Interne berichteten, sei nicht nur eine von den Beschwerdeführern angeregte Mediation vom Vorstand des Bundesverbandes abgelehnt, sondern auch deren eigener Mediations-Antrag zurückgezogen worden. Für besonderen Unmut sorgte das Vorgehen des Vorstands, der seine Tätigkeiten zur Abstimmung gestellt und entgegen der Etikette mehrheitlich mit den Stimmen der Vorstandsmitglieder bestätigt hat. Im Vereinsrecht ist es Usus, dass sich die Betroffenen enthalten. Dieses Verhalten plus der sich aufdrängende Eindruck, dass der Vorsitzende und seine Stellvertreter völlig gegensätzliche Meinungen hätten und der Vorstand in sich völlig zerstritten sei, veranlasste den Geschäftsführer des bayerischen Landesverbandes gemeinsam mit seinen Beisitzern und dem zweiten Geschäftsführer zu dem einstimmigen Entschluss auszutreten.
Auch im Falle der Fachvereinigung Personenverkehr Nordrhein waren laut Aussagen seines Vorstandes Goldberg die Vernachlässigung der Belange von Taxi- und Mietwagenunternehmern auf dem Lande sowie der besagte „Schulterschluss“ ausschlaggebend für den Austritt. Schärfster Kritikpunkt: das private Pooling. Im Zusammenhang mit den Diskussionen um eine Novelle des Personenbeförderungsgesetzes würde dies den ländlich angesiedelten Taxiunternehmen, aber auch städtischen Zentralen massive Nachteile einbringen.
Auch dem Landesverband Bayern ist die Einführung der Verkehrsart Pooling ein Dorn im Auge. Ein Pooling, das ausschließlich den ÖPNV-Anbietern vorbehalten wäre, wäre akzeptabel gewesen. Austrittsargument des Landesverband Bayern gegenüber seinen Mitgliedern ist, dass „… es neben dem ÖPNV-Pooling auch ein privates Pooling geben soll, ohne Rückkehrpflicht“.
„Dass Mietwagen Kunden nicht gleich befördern dürften, sondern erst nach einer gewissen Wartezeit ist im digitalen Zeitalter niemandem zu vermitteln, nicht der Politik und schon gar nicht den Kunden.“ Ein Sprecher des Gesamtverbandes Verkehrsgewerbe Niedersachsen (GVN).
Die Interessen insbesondere von ländlichen Betrieben finden auch nach Ansicht des Gesamtverbandes Verkehrsgewerbe Niedersachsen (GVN) auf Bundesebene zu wenig Beachtung: „In Niedersachsen ist das Gewerbe geprägt von kleinen Familienunternehmen, die häufig neben Taxiverkehren auch die Beförderungen in Mietwagen oder im Bereich der Patienten- und Schülerbeförderung anbieten“, schreibt der GVN. „Deshalb ist es für den niedersächsischen Verband von zentraler Bedeutung, dass die Interessen aller Unternehmen vertreten werden. Dazu gehören Kompromisse, die es beim Bundesverband leider nicht mehr gegeben hat.“ Das bringt laut eines GVN-Sprechers vor allem „die völlige Fixierung auf die sogenannte Karenzzeit.“ zum Ausdruck. „Dass Mietwagen Kunden nicht gleich befördern dürften, sondern erst nach einer gewissen Wartezeit ist im digitalen Zeitalter niemandem zu vermitteln, nicht der Politik und schon gar nicht den Kunden.“ so der GVN.
Der Bundesverband hat eine andere Sichtweise. So betont der Geschäftsführer des Bundesverbands Michael Oppermann: „Der Bundesverband vertritt auch weiterhin die Gesamtinteressen des Gewerbes in Stadt und Land. In den Positionen des Verbands spiegelt sich diese Vielfalt wider – beispielsweise betrifft die Vorbestellfrist für Mietwagen nach dem Konzept des Bundesverbands ausdrücklich nicht die Unternehmer im ländlichen Raum. Für die Landunternehmer konnte der Bundesverband sogar einen Zugang zu öffentlichen Mitteln bei der Politik verankern. Wir werden uns weiter darauf konzentrieren, die Vielfalt unserer Mitglieder umfassend einzubinden und unserem Gewerbe gemeinsam eine kraftvolle Stimme zu geben.“
„Der Kampf für unser Gewerbe und gegen Uber & Co. fordert von uns allen viel Kraft, Mut und Charakter. Über 50 unserer bislang 55 Mitgliedsorganisationen stehen dafür auch weiter eng zusammen.“ Michael Oppermann vom Bundesverband Taxi und Mietwagen e.V. (BVTM)
Die Situation scheint verfahren, die Fronten verhärtet. Goldberg, Geschäftsführer der Fachvereinigung Personenverkehr Nordrhein, spricht sogar davon, dass „abtrünnige“ Landesverbände sich eventuell zusammen mit weiteren unzufriedenen Verbandsmitgliedern in einem alternativen Verband zusammenschließen. Man werde aber „immer gesprächsbereit“ sein.
Der Bundesverband Taxi und Mietwagen bleibt gesprächsoffen
Das Auseinanderbrechen des Verbandes wäre der worst case, den der Präsident des Bundesverbandes und Vorsitzender der Fachvereinigung Taxi und Mietwagen des GVN, Michael Müller, unbedingt verhindern will. Michael Oppermann, Geschäftsführer des Bundesverbandes, bedauert die Austritte, die aber laut eigener Aussage für ihn nicht überraschend kamen. Dass diese teilweise als „vorsorglich“ gekennzeichnet gewesen seien, empfindet er als positives Zeichen. Sein Blick geht nach vorn und für den Kampf gegen Uber & Co. hilft nur die Kräfte zu bündeln. Es sollten nun lösungsorientiert Gespräche mit den ausgetretenen Verbänden geführt werden und er habe die Hoffnung, dass man die Wogen wieder glätten könne.