Der im Frühjahr 2021 veröffentlichte Vorschlag aus dem Bundesfinanzministerium, Wegstreckenzähler und Taxameter in die Kassensicherungsverordnung mit aufzunehmen, erscheint sowohl der Taxibranche als auch unabhängigen Experten grundsätzlich als begrüßenswert. Es liegt allerdings hierzu ein Referentenentwurf vor, dessen Detailausführungen massiv kritisiert werden.
Worum geht es im Detail?
Die beiden Bundesverbände der Taxifahrer TMV und BVTM kritisieren in Schreiben an das Bundesfinanzministerium, die fundiert und sehr detailliert ausfallen, einen „Placeboeffekt“, wenn der Wegstreckenzähler in die Verordnung zwar mit einbezogen wird, die Taxiunternehmer aber weiterhin die Möglichkeit nutzen könnten, sich schon von vornherein der Einbauverpflichtung in Mietwagen zu entziehen. Damit würde die Verordnung ihr Ziel verfehlen, weil es zu einer Flucht in Mietwagen kommen könnte, die letztendlich die Mobilitätsversorgung etlicher Regionen gefährden würde. Man müsse die Befreiungsmöglichkeiten vom Wegstreckenzähler für Mietwagen aufheben, so die Experten. Zwar sei der Einbezug von Mietwagen in die Mobilitätsmöglichkeiten grundsätzlich zu begrüßen. Er müsse aber ohne Wegstreckenzähler leider als Mogelpackung gelten.
INSIKA-System nicht abschaffen
Ebenfalls einstimmig bedauerten die Fachleute, dass das INSIKA-System abgeschafft werden soll. Das sieht der vorliegende Referentenentwurf vor. Beide Verbände sind aber der Auffassung, dass damit ohne Not nochmalige Verzögerungen beim Umsetzen der schon lange und dringendst erwünschten sicheren Datenaufzeichnung entstehen könnten, weil die geänderte KassenSichV (Kassensicherungsverordnung) schließlich erst ab Anfang 2024 greifen soll. Zudem wären sämtliche auch mit großzügigen Landesmitteln geförderten Investitionen der Branchenmitglieder in das INSIKA-System überflüssig gewesen. Dies solle man ohne Not nicht zulassen. Diesem Punkt stimmen übrigens Experten der Finanzdirektion vollinhaltlich zu. Sie weisen mit Nachdruck darauf hin, dass die konsequente Weiterentwicklung von INSIKA ein deutlich höheres Potenzial gegenüber der Aufnahme von Wegstreckenzählern und Taxametern in die KassenSichV aufweist.
Definition des Geschäftsvorfalls überarbeiten
Den Experten erscheint im vorliegenden Referentenentwurf ebenfalls als nicht praxisgerecht die Definition eines Geschäftsvorfalls. Es werde hier schnell deutlich, so die Fachleute, dass die sehr realitätsferne Wahrnehmung von Geschäftsvorfällen schon bislang zur völligen Fehleinschätzung der betreffenden Problematik bei den Verantwortlichen im Bundesfinanzministerium geführt habe. Die Fehleinschätzung beruhe auf der Annahme, dass jeder Geschäftsvorfall bereits zu demjenigen Zeitpunkt fiskalisch eindeutig bezifferbar sei, an dem das Fahrpersonal die Leistung erbringe. Dem ist aber nicht so, wie es von den Verbänden heißt. Ein Taxifahrer könne nicht in dem Moment, in welchem er einen Fahrgast aufnehme und das Taxameter einstelle, den Vorgang schon finanziell abschließend bewerten. Zu viele Faktoren würden nämlich eine Rolle spielen, so etwa
- die unterschiedliche mehrwertsteuerliche Bewertung von Taxi- oder Mietwagenfahrten bei Mischkonzessionen,
- die unterschiedliche Bewertung von Fern-, Lokal- oder Kurierfahrten,
- die unterschiedlichen Tarifkorridore,
- Sondervereinbarungen für Krankenfahrten sowie
- weitere Sonderfahrten.
Mithin sei es schlichtweg unmöglich, absolut jeden Geschäftsvorfall unmittelbar nach der Leistungserbringung schon unveränderbar zu hinterlegen – selbst wenn das im Einzelfall durchaus machbar sei.
Technische Fehler im Referentenentwurf
Des Weiteren bemängeln die Vertreter von TMV und BVTM diverse technische Ungereimtheiten im Referentenentwurf. Diese würden mehrere Reibungspunkte der geplanten neuen Verordnung mit der MID (Europäische Messrichtlinie), dem Eichrecht und der nationalen PTB-Zulassung schaffen. Diese Punkte müssten dringend geklärt werden, so die Branchenvertreter. Ansonsten sei eine Umsetzung der Verordnung allein aus eichrechtlichen und technischen Gründen nicht praktikabel. Aus der Industrie kommen inzwischen angesichts des Referentenentwurfs verzweifelte Stimmen. Viele der Anforderungen wurden völlig neu formuliert, sodass in jüngster Zeit vorgenommene, vermeintlich zukunftsträchtige Investitionen nun obsolet sein könnten, wenn der vorliegende Entwurf das Verordnungsverfahren ohne Änderungen passiert. Die Industrie hatte nach den Diskussionen der vergangenen Monate viele offenkundig notwendige Anpassungen an ihren Produkten umgesetzt. Sollte die Verordnung aber wie bislang entwurfsweise vorliegend erlassen werden, wären die gerade neu entwickelten und schon hergestellten Produkte plötzlich unverkäuflich.
Belegausgabepflicht könnte praktikabel sein
Die angedachte Belegausgabepflicht lehnen die Branchenvertretungen nicht grundsätzlich ab. Zwar würde sie zum zwingenden Einbau von systemintegrierten Druckern in jedes Taxi führen, was immerhin eine nicht unerhebliche zusätzliche Investition sei, jedoch erkenne man die Notwendigkeit der betreffenden Regelung und ihren Nutzen durchaus an, so einhellig der TMV und der BVTM. Man werde sich daher damit arrangieren, fordere aber eine ein- bis zweijährige Übergangsfrist für den Einbau. Ohnehin müssten die speziell für Taxis praktikablen, mit dem Taxameter gekoppelten Drucker möglicherweise erst noch entwickelt werden, sodass man auch die Kosten bislang nur schätzen kann. Die Finanzbehörden begrüßen freilich diese Regelung uneingeschränkt. Allerdings müssten dann alle Hintertüren in Form alternativer Belegerstellungen außerhalb des Taxametersystems verschlossen werden, unabhängig davon, ob sie in Papierform oder digital erfolgen.
Stellungnahme der Mietwagenvertreter steht aus
Bislang ist nicht klar, ob die wenigen, aber großen Mietwagenprotagonisten die Branchenkritik von TMV und BVTM teilen. Ihre Stellungnahme dürfte allerdings nicht auf sich warten lassen. Zur Befreiung von der Pflicht, einen Wegstreckenzähler einzubauen, müssen sie sich eigentlich eindeutig positionieren. Sie sollten den nötigen Spagat zwischen einer Zustimmung zu unveränderbaren Einnahmeursprungsaufzeichnungen und ihrem Wunsch nach weiterer Befreiung von der Wegstreckenzählerpflicht schaffen.