Fast drei Stunden dauerte die Anhörung am 22.02.2021 im Bundestag, bei der zwölf verschiedene Experten und Sachverständige den Mitgliedern des hohen Hauses Rede und Antwort stehen mussten. Thema der Diskussion war die Reformierung des PBefG (Personenbeförderungsgesetz), über das schon im Vorfeld intensiv diskutiert wurde. Der Konsens, zu dem die Politiker aller Fraktionen und auch die anwesenden Vertreter des Bundesverband Taxi kamen, ist unabhängig von den sonst teils sehr unterschiedlichen Ansichten, dass bei der derzeitigen Gesetzesvorlage insgesamt noch ein deutlicher Nachbesserungsbedarf bestehe.
Das Thema Taxi und Personenbeförderung zeigt sich so oft an politischen Jubiläums-Terminen, dass es fast unheimlich erscheinen könnte. Die derzeit vieldiskutierte PBefG-Novelle war vor ein paar Wochen zunächst Gegenstand der Debatte des Bundesrates, der an diesem Termin die eintausendste Sitzung in seiner gesamten Bestehenszeit feiern durfte, und schließlich auch Thema im zuständigen Spezialausschuss des Bundestag wurde, der ebenfalls eine runde Zahl zu feiern hatte: Der Verkehrsausschuss, der sich mit der Sache befasst, behandelte in der einhundertsten Sitzung der derzeitigen Legislaturperiode ebenfalls das umstrittene Gesetz zur Modernisierung des PBefG.
Ganz konkret gab die Veranstaltung den Abgeordneten die Gelegenheit, Vertreter verschiedener Interessengruppen anzuhören und diesen auch Fragen zu stellen, um die Planung des Gesetzes optimal an die Gegebenheiten, Erfordernisse und jeweiligen Ziele der unterschiedlichen Gruppen anzupassen. Zu diesem Zweck wurden zwölf Experten auf dem Themenfeld eingeladen, die den verschiedensten Organisationen oder privatwirtschaftlichen Sektoren angehören. Um jeder Partei die Gelegenheit zu geben, individuell relevante Punkte zu klären, wurde jeder Fraktion die Möglichkeit eingeräumt, zu jedem Zeitpunkt ein Mitglied als Sprecher auszuwählen. Dieser konnte in insgesamt zwei Fragerunden maximal drei der Gastsprecher befragen und dafür höchstens drei Anfragen stellen.
Die CDU entschied sich dabei für die gesamte Dauer der Befragung für ihren partei-internen PBefG-Spezialisten Michael Donth und die SPD für ihren Abgeordneten Detlef Müller. Die AfD setzte auf ein Wechselmodell und ließ sich rollierend durch Leif-Eric Holm und Dirk Spaniel vertreten. Die FDP stellte Torsten Herbst, die Grünen ihr Fraktionsmitglied Stefan Gelbhaar und die Linken den Abgeordneten Andreas Wagner.
Zum Kreis der eingeladenen Sachverständigen zählte eine gewerkschaftliche Vertreterin, gestellt durch die ver.di, eine Expertin des Sozialverband VdK und auch eine Sprecherin der Verbraucherzentrale. Weitere Organe, die befragt wurden, waren der Deutsche Landkreistag, der Deutsche Städtetag und der Deutsche Städte- und Gemeindebund und entsandten ebenso fachvertraute Vertreter. An Verbänden wurde der Verband Deutscher Verkehrsunternehmen VDV und der Bundesverband Taxi und Mietwagen e.V. in das Expertengremium berufen. Erkenntnisse aus der Wissenschaft lieferte ein Vertreter des Düsseldorfer Instituts for Competition Economics. Zuletzt waren auch zwei Repräsentanten der Privatwirtschaft vor Ort: Die Unternehmen Uber und Moia durften ihren Standpunkt vor den Abgeordneten erläutern.
Die Gästeliste, die unterschiedlichste Gruppen einschließt, verrät gleich, dass ein sehr großes Meinungsspektrum zu den geplanten Reformen gegeben war. Während der Ausführung bestätigte sich dieser Eindruck, selbstverständlich gibt es bei den vielen kollidierenden Interessen der jeweiligen Organe und Institutionen auch unterschiedliche Prioritäten und Ansätze, die für wichtig und richtig erachtet werden. Trotz der hitzigen Debatten um genaue Detailregelungen, die sich auch schon im Vorfeld über lange Zeit erstrecken, gibt es aber einen Punkt, der alle eingeladenen Experten einte: Die aktuelle Entwurfsfassung der Novelle wäre in dieser Form noch nicht verwendbar und könne und müsse in vielen Punkten noch deutlich verbessert werden. Das soll in unterschiedlichsten Bereichen geschehen – als Beispiele wären die derzeit noch nicht sehr präzise geregelten sozialen Kontrollen, die Datenerfassung und die Genehmigungspflicht, die es für zukünftige Plattformanbieter geben soll, zu nennen.
Ganz zentrale Punkte der Debatte waren die viel diskutierte Rückkehrpflicht und auch die Vorausbuchungsfrist – diese hat sich mittlerweile als offizieller Terminus für die Vorbestellfrist, die unter anderem der BVTM vorschlägt und fordert, etabliert. Dessen Vertreter, der Vizepräsident Herwig Kollar, widmete diesen Aspekte seine gesamte eingeräumte Redezeit von zehn Minuten. Die Rückkehrpflicht und auch die Vorausbuchungsfrist seien einfach unerlässlich – insbesondere in den Ballungszentren.
Das Unternehmen Moia wurde direkt durch seinen CEO Robert Heinrich vertreten. Er plädierte vor allem für Begünstigungen für private Pooling-Anbieter: Diese sollten auch auf Grundlage des reduzierten Tarifs besteuert werden und darüber hinaus das exklusive Recht der Einzelplatzvermietung bekommen.
Marion Jungbluth, die die Standpunkte des Verbraucherzentrale-Bundesverband e.V. vertrat und erläuterte, brach in ihren Ausführungen eine Lanze für den Anbieter Moia, erschütterte und verärgerte mit ihren Ansichten andererseits aber die Taxi-Branche. Mit dem persönlichen Erfahrungsbericht einer Seniorin, die laut eigener Aussage dank Moia wieder in der Lage ist, das Theater zu besuchen, stellte sie als positive Effekte der neuen Anbieter heraus. Der Standpunkt der Verbraucher zum klassischen Taxi verdeutlicht mit Zitaten aus mehreren Studien, die ergaben, dass teils 80 Prozent der befragten Personen diese Art der Fortbewegung als zu teuer ansehen. Jungbluth schloss mit dem generellen Standpunkt, dass eine Deregulierung des Marktes den Kunden zu Gute komme und somit in dem Gesetzesentwurf auf jeden Fall umzusetzen sei.
Gerade diese Aussage ist ein Indikator dafür, dass vielen Verbrauchern und auch Akteuren in der politische Debatte noch nicht ganz bewusst ist, aus welchem Grund diese Deregulierung nach strengen Maßstäben untersucht und diskutiert werden muss. BVTM-Vize Kollar brachte die Motivationen von Verwaltung und Rechtsprechung während der Ausschusssitzung auf den Punkt: Die Regulierungsbestimmungen würden letztendlich immer mit dem Ziel, den Schutz von öffentlichen Verkehrsinteressen und Verbrauchern zu fördern und zu optimieren, entwickelt.